Das ist eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Sie gewinnt im Learning by Doing an Praxis und Routine, wie sich der Laster manövrieren und die Mulde mit dem Haken absetzen und aufladen lassen.
Doch schaut selber rein, wie Daniela das macht.
Die gebürtige Deutsche aus Sachsen-Anhalt ist seit 20 Jahren in der Schweiz, eine fröhliche Strahlefrau: «Eigentlich bin ich gelernte Köchin. Seit gut einem halben Jahr arbeite ich hier an der Sammelstelle. Da ich zusätzlich den LKW-Führerschein habe, darf ich nun für BeO Recycling fahren. Ich brauche einfach mehr Übung, und das wird mir hier ermöglicht. Die zeigen mir nun, wie das mit dem Kippen am Haken geht.»
Ihr Namensschild für die Führerkabine lässt Daniela noch zu Hause. Aber wenn sie so fleissig weiter übt, ziert es bald die Frontscheibe am Lastwagen. Eine Berufschance als Anfängerin hat sie nie bekommen, als sie den Ausweis vor 10 Jahren bestanden hat. Die Chance gibt es nun hier, und die packt sie mit offensichtlichem Spass: «Ich musste vormittags eine leere Mulde für die Papiersammlung in Beatenberg setzen. Die holen wir nachmittags gefüllt wieder ab und bringen sie nach Interlaken West. Die enge Bergstrecke verlangt viel Vorausschau. In den Engpässen ist Vorsicht geboten, um Platz zu machen, wenn einer entgegenkommt.»
Kippen ist heikel und das Rucken in der Kabine ist gäbig spürbar, wenn der Haken an der Mulde ansetzt und sie hochhievt: «Ich muss sehr aufpassen, wenn ich den Haken bediene. Die Last kann sich je nach Winkel verschieben, sobald die Mulde hängt. Neben dem exakten Manöver am Steuer, kommt die Bedienung des Joysticks hinzu, damit der Haken raus- und reinfährt, und natürlich brauche ich laufend die Kontrollblicke in Spiegel und in die Kamera.»
Es gibt geübte Chauffeure, die den Haken auf dem Hof draussen lassen, damit das Verschieben der Mulden schneller geht. Daniela zieht ihn immer zurück, um vorsichtig zu sein: «Mein Kollege Lukas hilft mir noch beim Einweisen. Die Dächer unserer Gebäude sind tief für den Lastwagen.» Daniela schaltet den Nebenantrieb an, bedient den Joystick, der Haken fährt etwas hoch, und danach manövriert sie rückwärts direkt an die Mulde, die sie laden soll. Mit vorausschauenden Blicken in Spiegel und Kamera fährt sie ganz nach an die Mulde, während der Haken weiter rausfährt. Sobald sie ihn an die Mulde setzt, beginnt es in der Kabine zu ruckeln. Ist er auch korrekt drin? Daniela steigt lieber aus dem Fahrzeug und prüft, dass der Haken wirklich an der Mulde eingeklickt ist: «Genau in der Mitte! Wenn ich unsicher bin, schaue ich lieber selber nach. Jetzt fahre ich ein Stück nach vorne und nehme die Mulde etwas weiter weg von der Wand. Beim Hochziehen geht’s in den Rückwärtsgang und beim Ablegen in den Vorwärtsgang.» Während dem Hebeakt ist Daniela am Steuerrad sehr feinfühlig am Lenken, damit die Mulde sicher und exakt auf die Schienen fährt.
Nun, die leere Mulde ist geladen und zurück zum Parkplatz braucht Daniela mehrere Wendemanöver, weil der Hof kurz vor Mittag gut besucht ist und der Bagger im Weg steht. Alle Spiegel im Blickfeld und die Anweisungen von Lukas helfen sicher und zentimetergenau zurück. «Ausgerechnet das Kippen lerne ich als erstes, das schwierigste am Transport!», lacht Daniela und meint: «Anfangs dachte ich, das lerne ich nie! Und nun macht es mir richtig Freude.»
Dass in der Ruhe die Kraft liegt, beweist sie nachmittags bei der zweiten Fahrt nach Beatenberg den Berg runter mit voller Mulde und dem anschliessenden Ablad bei BeO Recycling West.